Unsichtbares Eisner-Denkmal in der Kardinal-Faulhaber-Straße

Das andere Bayern möchte durch seine spontane Aktion (durchgeführt von dem Aktionskünstler Eckhard Zylla) ein Denkmal neuen Typs vorstellen, das sich aich für ungeliebte Personen eignet.

Durch Versenkung eines Kurt-Eisner-Bildes unter das Pflaster zur Tatzeit und am Tatort der Ermordung wird ein Mahnmal geschaffen, das unsichtbar ist, billig nd pflegeleicht. Es ist nicht geschäftsschädigend und man kann darauf parken -zwei wichtige Punkte, die es in der „Weltstadt mit Herz“ zu berücksichtigen gilt. Es genügt den Anforderungen jeglicher Ästhetik, denn es beleidigt kein Auge durch seine äußere Form. Touristen stellen keine unangenehmen Fragen und es entsteht kein Streit über die Inschrift zwischen den einzelnen Fraktionen im Stadtrat.

Es ist das Denkmal der Zukunft schlechthin, denn es beruhigt das schlechte Gewissen und kann trotzdem vergessen werden. Der Münchner und die Münchnerin, für ihre Geradlinigkeit bekannt, müssen um das Denkmal keinen Umweg machen, kein Zamperl wird bei seinem Geschäft gestört. Das Verhältnis der Stadt München zu seiner Geschichte wird darüber hinaus exakt widergespiegelt.

„Das andere Bayern e.V.“, München im Februar 1986

Weiteres zum Eisner-Denkmal

Kurt Eisner, der erste bayerische Ministerpräsident, der Bayern den heute so stolz zitierten Namen „Freistaat“ gab, scheint noch immer konservativen und reaktionären Kräften unerträglich zu sein. Er, der als sozialistischer Humanist und unbedingter Pazifist in München bekannt und beliebt war, wurde nach dem 1. Weltkrieg das Ziel einer wüsten antikommunistischen und antisemitischen Hetzkampagne und am 21.2.1919 das Opfer des von diesen Wahnideen erfüllten Leutnants Graf Arco-Valley.

Zum Ort des Attentats an der Ecke Promenadeplatz/Kardinal-Faulhaber-Straße waren damals die bestürzten Münchner gepilgert. 100 000 nahmen an seiner Beisetzung auf de Ostfriedhof teil und eine Gedenktafel wurde an der Hauswand des Montgelas-Palais angebracht. Doch die Nazis entfernten nicht nur die Gedenktafel, sie exhumierten sogar Kurt Eisner im Ostfriedhof und verlegten ihn auf den nördlichen jüdischen Friedhof. Nach dem Krieg dauerte es bis 1976, bis überhaupt wieder erwogen wurde, für Kurt Eisner eine Gedenktafel anzubringen. Die Anbringung der von SPD und Bezirksausschuss beschlossenen Gedenktafel wurde dann jedoch vom Hausbesitzer (Mooshammer) verhindert – mit der absurden Behauptung, die Tafel sei geschäftsschädigend! Und so liegt die Tafel peinlich genug in der Grünanlage des Promenadeplatzes direkt neben den Straßenbahnschienen (Stand im Jahr 2023 ist, dass diese Tafel seit mehreren Jahren verschollen ist).

Noch beschämender ist jedoch das Theater, das in diesen Wochen im Münchner Stadtrat durch die CSU inszeniert wird. Mit wüstesten Verleumdungen der integren Persönlichkeit Kurt Eisners, mit Geschichtsfälschungen, die in schlimmster „tausendjähriger“ Tradition stehen, wird gegen ein Denkmal für den ersten bayerischen Ministerpräsidenten agitiert. Und wenn dem CSU-orientierten Bauauschuß gar nichts mehr einfällt, dann kommt das absurde Argument, die Autos müssten ja auf dem Gehweg an dieser Stelle in der Kardinal-Faulhaber-Straße parken.

Auch wenn nun die Vollversammlung des Münchner Stadtrats mit den Stimmen von SPD und Grünen ein Denkmal für Kurt-Eisner beschlossen hat, steht zu befürchten, dass durch die Verschleppungstaktik  von CSU und FDP im Bauausschuß das Denkmal noch allzu lange verhindert wird: noch nicht einmal die Ausschreibung ist bisher geschehen.

„Das andere Bayern e.V., München, 3.2.1986

AZ 22./23. Februar 1986