Auch, wenn uns viele der erfolgreich nach oben gestiegenen KollegInnen gelegentlich vergessen haben, in all den Jahren hat die Gruppe dann als Verein immer weiter gemacht, mit Aktionen gegen Polizei-Willkür, gegen das öffentliche Schweigen zu den Resten der braunen Vergangenheit, zum Grundgesetz und gegen die Ludwixereien, das monarchische Getue der Ministerpräsidenten.
Viele der KollegInnen sind natürlich auch sehr in die Jahre gekommen, und da tauchen frühere Erinnerungen wieder auf, wie bei Helmut Dietl, der sich an die Ursprünge mit der Aktion „das andere Bayern“ erinnert:
Mit Michael Glotz und einem liberalen und linken Häuflein
begann eine Aktion, die gegen die lastende Macht der Strauß-CSU in allen Medien anging: Die sich die Erfindung des weiß-blauen Landes und seiner grünen Hügel unter den Nagel reißen wollten,
Eine Aufruf und ein Lesebuch
waren die ersten Projekte der Gruppe: (ein erster Auszug)
Rezension: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.09.1976, S. 22 von Werner Ross: Gregor-Dellin, Martin: Das andere BayernDer Titel „Das andere Bayern“ ruft – leider – die Erinnerung an jenes andere Deutschland wach, das es schwer hatte, angesichts von 99 Prozent Jasagern und Heil-Jublern seine Existenz nachzuweisen.So schlimm steht es um Bayern wahrhaftig nicht: die dort regierende Partei verfügt nicht einmal über zwei Drittel der Stimmen, und der Rest artikuliert sich über die größte Zeitung des Landes, über hervorragende Verlage, beredte Politiker, großstädtischen Kulturbetrieb kräftig genug -» So kräftig jedenfalls, daß kaum Gefahr besteht, Bayern werde außerhalb Bayerns mit dem „Bayernkurier“ verwechselt.Die Aktion „Das andere Bayern“, der sich 26 Schriftsteller, Professoren, Filmregisseure, Schauspieler und Publizisten angeschlossen haben, will jedenfalls solcher Verwechslung ein für allemal vorbeugen und zieht gegen Vilshofen, Sonthofen, Passau oder vielmehr zum Schutz dieser und sonstiger bayrischer Städte gegen die CSU zu Felde.Zieht man das Notschrei-Pathos ab, so erweist sich das von der Aktion herausgegebene „Lesebuch zu einem Freistaat“ als nützliche, lehrreiche und stellenweise amüsante Lektüre. www.gbv.de/dms/faz-rez .. PDF
… und viele Aktionen folgten
von denen nur erfährt, wer das Glück hat, dass eine Zeitung was bringt, denn Pressemitteilungen und Pressekonferenzen sind für kritische Themen nicht immer erfolgreich, bringen oft nur eine kleine Notiz, denn wer weiß denn noch, was zum Beispiel eine Kranz-Niederlegung für Kurt Eisner nach all den Jahren bedeutet?
Geschichts- und religions-kritische Gruppenreisen und Stadtführungen, Obrigkeits-Enthüllungen und Polizei-Willkür, Kunst-Einschränkungen und Aufdeckung von Geschichtsfälschungen gingen über die Jahrzehnte weiter.
Ein Hindenburg-Schädel erscheint ja auch wie eine Provinz-Posse, wie ein amtlich verteidigter Pseudo-Grabstein für einen verurteilten und hingerichteten Kriegsverbrecher Jodl auf der Fraueninsel …
aber die Medienvielfalt ist noch nicht im ganzen Land verbreitet, sogar das Internet wird mancherorts vorenthalten ;-)
Helmut Dietl
„Er berichtet von außergewöhnlichen Menschen, von wichtigen Frauen, vom Reisen und Heimkommen, von Erfolgen und Niederlagen. Es ist ein komisches und zugleich melancholisches Buch, in dem uns Helmut Dietl noch einmal als exzellenter Schriftsteller überrascht. Michael Bully Herbig, enger Freund in den letzten Lebensjahren Dietls, liest ausgewählte Passagen.“ (Abend ist ausverkauft)
Begleitprogramm zur Ausstellung Der ewige Stenz im Literaturhaus, Mo-Mi, Fr 11-19 Uhr, NEU: Do 11-21.30 Uhr, Sa/So/Feiertage 10-18 Uhr, Eintritt: Euro 7.- / 4.- (Montag für Studierende & Schüler: Euro 3.-)
Patrick Süßkind
erinnerte sich im Nachwort zu Helmut Dietls Memoiren (Auszug aus dem Nachwort von Patrick Süßkind zu Helmut Dietls Memoiren in der SZ vom 2.9.16) der Anfänge der Gruppe, und kann sich jetzt hier etwas mehr informieren, nach dem er „nichts mehr gehört hat“: Woran mag es liegen?
Da wären noch etliche KünstlerInnen, die sich an die frühere Mitarbeit erinnern könnten, aber
die spd
(nun kleiner geworden) hat dann mit dem „Aufruf zur Phantasie“ die ihr genehmen KabarettistInnen und Künstler durch die Lande touren lassen und erinnert sich nur mühsam an die Anfänge des Sozialismus vor ihrer jetzigen Zeit:
Die Initiative „Einen Platz für Kurt Eisner“ zur Widmung der Grünfläche des „Marienhof ohne Maria“ ist auf dem Behördenweg und bekommt noch wenig Resonanz für den ersten Ministerpräsidenten des Frei- und Volksstaates, der 2017 seinen 150. Geburtstag feiern lässt:
Natürlich mit der Erinnerung an seinen adelig- militaristisch-monarchistischen rechtsradikalen „Einzeltäter“ Graf Arco, dessen Zugehörigkeit zur Thule-Gesellschaft im Hotel Vier Jahreszeiten, mit Hakenkreuz „Bevor Hitler kam“ … bisher kaum thematisiert wurde.
Noch ein Zitat aus der oben angeführten Rezension: (ein zweiter Auszug)
„Die eigentlich politischen Beiträge klagen Schulverhältnisse, Rundfunk-Sünden, Pressekonzentration, Handhabung des Radikalenerlasses, Versagen des Umweltschutzes an.Den eigenen Parteifreunden liest Peter Glotz die Leviten, in dem er ausführt, wie geschickt die CSU die Interessen der Bevölkerung wahrnimmt.Das Treffendste zum Wohl- und Wahlverhalten der Bayern trägt Erich Kuby in seinem Essay „Von der Gaudi der Bayern“ bei. Hitler sei vor allem als Gaudimacher bewundert worden.Als aus dem Brauhaus-Hitler der großdeutsche Führer wurde, war er den Bayern schon unbehaglich. An dieser Gaudi-Theorie scheint mir viel Wahres zu sein – auch im Hinblick auf den tödlichen Theorieernst der Münchner Genossen, von denen in diesem Buch nicht die Rede ist.– Alles in allem: eine weißblau gebundene Apologie des richtigen Bayern.WERNER ROSS„Das andere Bayern“. Lesebuch zu einem Freistaat. Hrsg. von Martin Gregor-Dellin, Wolfgang R. Langenbucher, Völker Schlöndorff. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1976. 288 S., br., 16,– DM „